isp 2013 Jubiläumscountdown
Wir haben verschiedene Menschen gebeten, sich zum Thema »Sexualität« zu äußern,
manchmal auch zu »Sexualpädagogik«.

Vielfältig in der Form, interessant für Sie als Websitebesuchende, hoffentlich.
Mindestens einmal im Monat ist hier ein neuer Beitrag zu finden - hinter jedem schwarzen Punkt ein Statement unterschiedlicher Art.

Also: Voller Punkt = da steht was dahinter.

Und: come back next month - wenn you are neugierig...
Es gibt doch dumme Fragen.
Der Vorsitzende versucht trotzdem gute Antworten.
Michael Hummert ist nicht Jürgen Domian sondern der erste Vorsitzende des isp, katholischer Westfale,
durstig nach guten Gedanken und hungrig nach neuen Erfahrungen.
Worauf der Nestor der Sexualpädagogik noch neugierig ist...
Uwe Sielert ist Mitbegründer des Instituts für Sexualpädagogik, Pädagogikprofessor in Kiel und der aktuelle »Sexualpädagogikpapst« im deutschsprachigen Raum. Selbstverständlich, dass wir ihn aus Anlass unseres bevorstehenden Jubiläums was gefragt haben. Hier die Fragen und die Antworten.
Was wünschst du der Sexualpädagogik für ihre weitere Entwicklung – quasi als Pate gesprochen?
In der Einleitung zum »Handbuch Sexualpädagogik und Sexuelle Bildung« hat Renate-Berenike Schmidt einen biografischen Vergleich gewählt: Sexualpädagogik als Profession und als wissenschaftliche Disziplin habe Kindheit und frühe Jugend - von einzelnen postpubertären Spätfolgen abgesehen - hinter sich gelassen und beginne, sich in der Erwachsenenwelt einzurichten. Und das in doppeltem Sinne: Zum einen sei ihre Bedeutung gewachsen, zum anderen kümmere sie sich auch nicht mehr nur um Kinder und Jugendliche.

Ich würde mich freuen, wenn sie, die Sexualpädagogik, sich - frei nach Erikson - auf die im Erwachsenenalter drohende Stagnation erst gar nicht einlässt, sondern im Wissenschaftssystem und in der Gesellschaft Eigenschaften behält, die sie heute - zumindest auf Tagungen und im Schrifttum - mit Lady Gaga gemein hat: transgender, erotisch, provokativ, politisch unbequem. Und vor allem: neugierig.
Das Institutsjubiläum 2013 hat als inneres Leitwort »neugierig«.
Worauf im Sexuellen bist du (noch) neugierig – gesellschaftlich und persönlich?
Ein paar mediale Tendenzen fallen mir ein, deren Entwicklung ich nicht vorhersagen kann:
  • Führen die vielen Möglichkeiten des Cybersex zu weniger Interesse der Menschen an unmittelbarer »face-to-face«- bzw. »skin-to-skin«-Sexualität oder gerade zu der erhofften Vervielfältigung und Kultivierung?
  • Die Grenzen zwischen öffentlich, privat und intim werden durchlässiger. Wird Pornographie in Zukunft verschwinden, weil - wie Michael Schetsche vermutet - ihre Voraussetzung, das sexuelle Geheimnis, wegfällt?
  • Wenn Jugendliche mit ihrer Sexualität im Netz experimentieren, führt das zur Kultivierung ihrer individuellen Erlebnisweisen oder zur Vereinheitlichung sexueller Verhaltensmuster (Attraktiv ist das, was Anerkennung verschafft)?
Und was die Sexualpädagogik betrifft: Wird sie als Profession von der systemtheoretisch beschriebenen Autonomisierung und Ausdifferenzierung des Sexualitätssystems profitieren? Sexualität hat sich ja schon seit langem von ihrer Fortpflanzungsfunktion gelöst und dieser Prozess setzt sich in unserer hoch ausdifferenzierten Gesellschaft noch weiter fort. Psychosexuelle Erregung und Befriedigung sowie sexuelle Identitäten sind nicht mehr selbstverständlich an Liebe gebunden, gehen ihrerseits alle möglichen (und unmöglichen) Verbindungen mit anderen Systemen ein - Wirtschaft, Recht, Politik, Sport und Medien. Was tut sich an den Schnittstellen zum Bildungs- und (Erziehungs)wissenschaftssystem? Ist sexuelle Bildung, ist Sexualpädagogik als (Beratungs-)wissenschaft hilfreich und gefragt als Navigationshilfe für Schulen, Soziale Arbeit und Verwaltungen, vor allem aber für die Menschen selbst?
Und worauf ich persönlich neugierig bin? Unter Berücksichtigung meiner eigenen »Generationsgestalt« auf die Antworten auf die Fragen: Gibt es Sex trotz Alter? Und vor allem: Wie? Mit wem? Und, wenn ja, wie lange noch?
Wofür können sich deiner Meinung nach das ISP und alle anderen feiern (lassen),
die sich um die gute alte emanzipatorische Sexualpädagogik verdient gemacht haben?
Sexualpädagogik ist durch das Institut und die von ihm angeregte Gesellschaft für Sexualpädagogik wie auch durch das Engagement anderer Akteure der BZgA, der Fach- und Wohlfahrtsverbände - wie schon gesagt - erwachsen geworden. Vorträge, Veröffentlichungen, Tagungen, Workshops und vor allem die langfristigen Weiterbildungen haben MultiplikatorInnen des emanzipatorischen Gedankenguts in die Lage versetzt, in vielen Einrichtungen bildend und beratend tätig zu werden. Wir haben uns an nichts und niemanden affirmativ angeschmiegelt, weder an den Sexmarkt noch an die sexualpolitischen Wenden je Legislaturperiode oder an die Moden der Glücks- und Wellnessindustrie. Dass wir dieses mühsame Geschäft professioneller Unabhängigkeit durchgehalten haben, war anfangs nicht abzusehen; und mancher Einzelne hat auch aufgegeben. Glücklicherweise kommen aber letztlich mehr Personen dazu, die sich auf Sexualpädagogik einlassen wollen.
Was im Sexuellen verdient in den kommenden Jahren forschende Neugier?
Bei uns selbst angefangen: Wir wissen wenig über den Stand sexualpädagogischer Professionalität in Deutschland. Anja Henningsen hat das Thema gerade mit einer exzellenten Dissertation theoretisch aufbereitet; empirische Studien müssen folgen.

Für die BZgA habe ich gerade die Situation der Sexualpädagogik an Grundschulen in Schleswig-Holstein beschrieben. Wir wissen aber insgesamt fast nichts darüber, was von den Richtlinien und Lehrplänen der Schulen in Deutschland tatsächlich umgesetzt wird.

Aber auch international sollte mehr geforscht werden: Unser sexualpolitischer und sexualpädagogischer Blick ist bisher sehr westeuropäisch ausgerichtet; wir mussten ja immer die wenigen Ressourcen auf unsere Region konzentrieren. Mit zunehmenden Migrationsbewegungen und medialer Globalisierung werden aber auch die Einflüsse anderer Kulturräume nicht ausbleiben.

Hisao Ikeya, ein japanischer Entwicklungspsychologe, besucht uns jedes Jahr in Kiel, um ein bestimmtes Thema zu diskutieren. Er belegte diesmal mit eindrucksvollen Zahlen das abnehmende Interesse an realem Sex, sogar eine zunehmende Abscheu vor Partnersexualität bei japanischen Jugendlichen. Belegt ist gleichzeitig ihre sexuelle Ahnungslosigkeit, aber auch eine starke Ausrichtung des Selbstbilds und Verhaltens an den pornografisch agierenden Figuren in den Mangas. Was passiert also, wenn hoch entwickelte geschlechtsrollen-konforme Medienberieselung auf sexuell ahnungslose Jugendliche trifft?

Die Internationalisierung des emanzipatorischen sexualpädagogischen Diskurses, wie sie die BZgA für Europa begonnen hat, ist ein wichtiger Beitrag, um auch auf globaler Ebene - und damit auch bei uns - das Errungene zu bewahren.

Glücklicherweise besteht auch eine gewisse Chance, die forschende Neugier von Sexualpädagog_innen zu befeuern: Immerhin werden mit Geldern des BMBF an fünf Hochschulstandorten (Münster, Hamburg, Kiel, Kassel und Merseburg) Juniorprofessuren eingerichtet, die sich anlässlich der sexuellen Gewalt in pädagogischen Institutionen mit Sexualpädagogik beschäftigen können.
Alte, weise Männer werden gerne um leitenden Rat gefragt.
Wovor würdest du Sexualpädagog_innen warnen, wenn sie (zukünftig) ihrem Geschäft nachgehen?
Es gibt unter Sexualpädagog_innen inzwischen beides: Sich entweder mit der Hybris des Trendsetters oder als Holzpenisfraktion schulischer Sexualaufklärung mit einem geknickten Ego zu positionieren. Beides schadet unserem Ansehen und hemmt die Befreundung mit wichtigen gesellschaftlichen Bündnispartner_innen.

Eine andere ungute Paarbeziehung entsteht zwischen jenen, die sich vor allem als Emanzipationshilfe für alle von Exklusion bedrohten Zielgruppen verstehen und anderen, die unversehens als Gefahrenabwehrexpert_innen zum staatlichen Kontrollinstrument werden. Sexualpädagogik braucht zur fortschreitenden Professionalisierung einen Ethikkodex als Schutz vor den historisch belegbaren Versuchen, Sexualität in den Dienst partikulärer Interessengruppen oder des gesellschaftlichen Mainstreams zu stellen.

Sexualpädagog_innen sollten für alle Menschen - welcher Milieuzugehörigkeit auch immer - wie auch für gesellschaftliche Organisationen aus verschiedenen Lagern vertrauenswürdige Ansprechpartner_innen bleiben. Diese intermediäre Position, dieses dritte Mandat, auf das wir uns beziehen können, stützt sich auf die wissenschaftlich fundierten professionellen Maßstäbe, mit denen wir ein selbstbestimmbares, sexuelles Wohlbefinden aller anstreben. Wir agieren damit politisch, ohne explizit politisch zu sein: Vermittelnd und ausbalancierend, aber auch streitend und mahnend.
Sexualität ist immer vielfältig behindert. Welche Behinderungen vor allem sollten abgebaut werden?
Ich bin noch ganz aktuell beeindruckt von dem Workshop „Auch sexuelle Identitäten machen Schule“, den ich beim Bundeskongress „Ganztägig lernen“ in Berlin mitgestalten durfte. Schüler_innen unterschiedlicher sexueller Orientierung haben von Mobbingerfahrungen berichtet, ein Schulleiter von dem tätlichen Angriff homophober Jugendlicher auf einen seiner Lehrer und seiner Hilflosigkeit, damit umzugehen. Breitflächig gesehen mag es ein Luxusthema sein, sich neben der sexuellen Orientierung jetzt auch mit Trans- und Intersexualität zu beschäftigen, aber die Probleme der Selbst- und Fremdannahme brennen den Betroffenen unter den Nägeln und zunehmend mehr wagen sich an die Öffentlichkeit.

Behinderungen gehen nicht immer von den Feinden sexueller Vielfalt aus. Auch die ethisch unverdächtige Verhandlungsmoral kann Sexualität behindern, wenn sie die Sphäre des Unberechenbaren mit Vereinbarungssex knebelt und juristisch exekutiert. Die Rationalität des Kontraktwesens darf nicht über die Spontaneität und Sinnlichkeit, allenfalls kann sie als Spannungspol neben sie gestellt werden. Andererseits braucht die Verabredung zwischen Menschen, dass ihre Körper tun dürfen, wozu es sie treibt, entwickelte sexuelle Bildung. Es gibt also weiterhin viel zu tun für die sexualpädagogische Community.
Wie das Institut für Sexualpädagogik
kürzlich in die »Zeit« geriet und ein
Berliner Institut wurde…
Harald Martenstein ist ein recht bekannter Journalist und Autor. Er arbeitet(e) u.a. für die »Stuttgarter Zeitung« und den Berliner »Tagesspiegel« sowie für »Die Zeit«. Dort, genauer: im »ZEIT-Magazin«, veröffentlicht er seit Jahren sogenannte »satirische Causerien«, mittlerweile in vier Kolumne-Bänden zusammengestellt. Zudem schrieb er mehrere Romane.

2004 erhielt er den Egon-Erwin-Kisch-Preis, 2007 den CORINE-Debütpreis für seinen Roman »Heimweg«, 2008 den Henri-Nannen-Preis in der Kategorie »Humor«, 2010 den Curt Goetz-Ring und 2012 den Theodor-Wolff-Preis.
Seine Lieblingsinsel ist Formentera, er mag Quentin Tarantino, weil der vor keinem Tabu Respekt hat, wünscht dem Schriftsteller Richard Yates, der an Trunksucht starb, dass er mehr gelesen wird und kocht gern Kartoffeln und Möhren, die er selbst in der Uckermark angebaut hat.

Gudrun Jeschonnek, wie Martenstein in Berlin beheimatet, hatte auf Grund ihrer Sympathie mit seinen geistreichen und launigen Beiträgen die verwegene Idee, ihn um einen Beitrag zum Thema Sexualität im Rahmen der Jubiläums-vorbereitungen zu bitten.

Und tatsächlich hatte Martenstein Zeit und Lust. Mehr noch: Sehr schnell wurde aus der vorsichtigen Anfrage ein Kolumnenthema, veröffentlicht in der Zeit Nr. 46 am 8.11.2012 mit dem Titel »Ich bin, im weitesten Sinne, eher ein Anhänger der Sexualität.«

Dort machte Martenstein dann aus dem ISP aus einem Missverständnis heraus ein »Berliner Institut für Sexualpädagogik« und bediente in seiner Einleitung den wohlfeilen Impuls, sexualitätsbezogenen Reflexionen Kognitionsbeschränktheit vorzuwerfen.

Nun, Gudrun Jeschonnek hat das mit dem »Berliner« Institut schon gerade gerückt und bei Gelegenheit eines persönlichen Gesprächs auch noch vermitteln können, dass wir nicht nur nette Mails schreiben können, sondern auch sexuelle Gefühle kennen. Und, sicherlich, keine Partei gründen wollen; politisch bewusst agieren gegenüber sexualitätsbezogenen Diskriminierungen und Behinderungen jedoch schon.

Hier der Text. Vielen Dank, Herr Martenstein, für die Erlaubnis der Veröffentlichung auf unserer Seite.


Ich bin, im weitesten Sinne,
eher ein Anhänger der Sexualität.

Harald Martenstein über Sex als politisches Thema.


Vom Berliner Institut für Sexualpädagogik erhielt ich kürzlich eine nette Mail. 
Zukünftig sollen auf der Homepage regelmäßig Texte über Sexualität veröffentlicht werden, die »Promis« verfassen.

Diesem Personenkreis wurde ich irritierenderweise zugerechnet: »Wir sind Fans ihrer Meinung zur Sexualität. Sie liegt genau auf unserer Linie!« Das verwirrte mich. Bisher ist mir nicht bewusst gewesen, dass ich zum Thema Sexualität eine Meinung habe. Sollte man sich in der Sexualität denn nicht eher auf Gefühle verlassen als auf Meinungen? Nun, das Institut für Sexualpädagogik kennt sich da gewiss besser aus als ich.

Meiner Meinung nach ist Sexualität, ähnlich wie der Euro oder das Fernsehen, mit gewissen Einschränkungen durchaus zu befürworten. Ich bin, im weitesten Sinne, eher ein Anhänger der Sexualität. Der durch Sexualität verursachte Schaden (Überbevölkerung, Liebeskummer, Krankheiten, Verbrechen, Beziehungsprobleme) wird durch den Nutzen mehr als aufgewogen. 
So sehe ich das im Grundsatz. Nun die politische Feinarbeit.

Die Einführung eines freiwilligen sexuellen Jahres als Alternative zur ehemaligen Wehrpflicht lehne ich ab. Wer Sexualität zu anstrengend findet, frauenfeindlich, schlecht für die Karriere, klimaschädlich oder unhygienisch 
- meinetwegen. Ganz falsch ist das alles ja nicht.

Es wird bei der Sexualität, wenn der Mensch sie mit Engagement betreibt, zum Beispiel eine Menge Wärme erzeugt. Für das Eis an den Polen kann das unmöglich folgenlos bleiben. Wenn ich mir vorstelle, dass wegen jedes Sexualaktes, oder vielleicht auch nur wegen jedes zehnten, irgendwo in der Arktis ein Eisbärbaby sterben muss, ja, sicher, das würde mich schon sehr, sehr nachdenklich machen. Ich glaube allerdings nicht, dass ich, also ich persönlich, mein Verhalten deswegen ändern würde. Ich wäre lediglich vor und nach dem Sexualakt sehr nachdenklich.

Falls die Regierung aber eine Quotierung der Sexualität ins Auge fassen sollte, oder, was ich für wahrscheinlicher halte, die Einführung einer Sexualitäts-Ertragssteuer, von Bußgeldern für Raser, EU-Normen für die Dauer des Nachspiels, eine nach sexuellen Vorlieben gestaffelte Praxisgebühr oder einer Solidaritätsabgabe für europäische Staatsoberhäupter, die sich aus sexuellen Gründen verschuldet haben, dann, verehrtes Institut für Sexualpädagogik, werden Sie auch mich auf den Barrikaden finden. Ist das schon eine Meinung?

Der französische Dichter Michel Houellebecq, zweifellos ein Promi, sagt, dass in unserer Gesellschaft die Sexualität extrem ungleich und ungerecht verteilt ist. Manche Leute haben viel Sex, vor allem gut aussehende, charmante oder reiche Menschen. Andere haben gar keinen. Faktoren wie Hässlichkeit, Armut, Dummheit oder ein abstoßender Charakter scheinen sich auf dem sexuellen Markt extrem ungünstig auszuwirken. Houllebecq behauptet, dass nur die Prostitution solchen Individuen - beiderlei Geschlechts - eine Chance biete, dieses menschliche Urbedürfnis irgendwie zu befriedigen. Houellebecq ist folglich ein lebhafter Befürworter der Prostitution, die er mit der Kranken- und Altenpflege vergleicht. Und es ist ja wirklich erstaunlich, dass unser Sozialstaat in seinem Bemühen um gerechte Verteilung aller Güter ausgerechnet die relativ wichtige und stark nachgefragte Sexualität bis heute ausgespart hat. 
Also, wenn Sie mich fragen, da wäre Luft für noch eine weitere Partei, wo jetzt sogar schon das Internet eine eigene Partei hat.



Wer die »Zeit«-Version des Beitrags lesen möchte, inklusive der interessanten Kommentare dazu, der nutze diesen Link
Doktorspiele!
© Isabelle Grubert/Random House
Jaromir Konecny ist Deutschlands lustigster Tscheche, 1956 in Prag geboren, 
Metallarbeiter, Schiffsmeister, Schriftsteller, Publizist, mehrfach preisgekrönter Poetry Slammer 
und hat über die Entstehung und Theorie des genetischen Codes promoviert.

Jaromir Konecny schreibt uns:

»Als ein Journalist den Stand-Up-Komiker und Satiriker Lenny Bruce fragte, warum denn alle seine Witze so unter die Gürtellinie gingen, hat Lenny gesagt: ›Wenn Sie am menschlichen Körper etwas anekelt, beschweren Sie sich beim Hersteller.‹ Das war in den 60ern. Jetzt sagen mir manchmal Leute, Sex sei nicht wichtig. Wie aber jemand durch den Geschlechtsverkehr auf die Welt kommen kann und dann behauptet, Sex sei nicht wichtig, wird mir wohl nie klar.
Ich mag Leute, die drüber reden. Denn je mehr wir lernen, über die Sexualität zu reden, umso weniger sexuellen Missbrauch wird es geben, umso mehr wird uns diese schöne Sache Spaß machen, statt uns Komplexe und Schamgefühle zu bescheren. Deswegen habe ich mich sehr gefreut, als mich im Jahr 2010 das Institut für die Sexualpädagogik zu seinem ›Fachforum Jugendsexualität‹ eingeladen hat, damit ich dort Geschichten aus meinem Jugendroman ›Doktorspiele‹ vortrage.
Es war ein fabelhafter Abend für mich! Danke!

Buntpoetische Grüße und viel Freude in den nächsten 25 Jahren!«

Jaromir Konecny sagt und schreibt viel Lustiges gerade zum Thema »Sexualität«.
Wahr und erhellend ist es zudem.

Sein letzter Geschichtenband heißt »Fifi poppt den Elch«, seine letzten zwei Romane »Krumme Gurken« und
»Tatar mit Veilchen«. So kommt man auf seine Webseite.

Sein Buch »Doktorspiele« wurde im August 2009 vom Deutschlandfunk und vom Focus als zu den »7 besten Büchern für junge Leser« gehörig gekürt.
Eine Geschichte aus diesem Buch heißt »Pimmelparade«. Und hier kann man sie sich vom Dichter vortragen lassen.

Behinderte Sexualitäten brauchen
mehr Assistenz 
- und weniger fürsorgliche Fremdbestimmung.


Matthias Vernaldi
ist Aktivist für die sexuelle Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, Publizist, steht seit 2000 für die Berliner Beratungsstelle »Sexybilities - Sexualität und Behinderung«, 
ist Redakteur und Autor von »mondkalb - Zeitschrift für das organisierte Gebrechen« und war bis 1991 Prediger bei der evangelisch-lutherischen Landeskirche Thüringen.

Matthias Vernaldi hat vor, zur ISP-Jubliäumsveranstaltung im September 2013 nach Frankfurt zu kommen und sich dort zum Thema, das wir allgemein »Sexualität und Behinderung« nennen, zu äußern. Hier macht er das schon mal pointiert zur Notwendigkeit, in der sexualitätsbezogenen Behindertenhilfe vor allem Selbstbestimmung geschehen zu lassen,
statt sich - mit gutem Willen - besserwisserisch einzumischen.

Diese Haltung vertritt auch das Institutskollegium, u.a. nachzulesen im gerade im Kohlhammerverlag erschienenen Buch »Sexualität leben ohne Behinderung. Das Menschenrecht auf sexuelle Selbstbestimmung«,
in dem Gudrun Jeschonnek, Beate Martin und Ralf Specht (alle isp-Dozierende) mit Beiträgen vertreten sind.

Hier Matthias Vernaldis Statement zu Sexualität, Behinderung und Pädagogik:
»Ein Gruß an das Institut für Sexualpädagogik zu dessen 25-jährigen Bestehen fällt mir gar nicht so leicht. Schließlich ist das Klischee weit verbreitet, behinderte Menschen müssten ein Leben lang in allen Bereichen (auch unten rum) pädagogisiert werden.
Wenn mir etwas auf den Docht geht, dann dieses wohlmeinende fürsorgliche Getue, das mich abwertet, weil es mir nicht die Spur einer Chance lässt, meine Belange selbst in die Hand zu nehmen. Ich bin mir sicher, dass die Mitarbeiter des Instituts sich dieser Problematik bewusst sind. Die kritische Haltung gegenüber der eigenen Rolle gehört zur modernen Sozialarbeit dazu. Trotzdem möchte ich meinen Gruß als ein Statement für ein Weniger an pädagogischen Maßnahmen für
Behinderte vorbringen.

Vor 3 Jahren schrieb ich in der Jungle-World von der seltsamen Entdeckung, dass schwerbehinderte Menschen, wenn sie wie ich in einem Heim beschult worden waren, weniger Probleme mit ihrer sexuellen Sozialisation hatten als solche, die an integrativen (jetzt inklusiven) Schulen lernten.
Keine Frage: Wir erlebten Ghettoisierung und Traumatisierung - je nach Zeit und System unterschiedlich grausam. Aber gerade weil wir faktisch in einem Gefängnis leben mussten, waren in dieser abgeschlossenen Welt unsere Körper die Normalität: Unsere Buckel und Skoliosen, unsere Spasmen und Dystrophien, unsere Verkürzungen und Verkrümmungen.
Wir bildeten Cliquen, denen nicht jeder angehören konnte, trafen uns zum Wettwichsen auf dem Klo und prahlten damit, die meiste Wolle auf der Knolle zu haben.
Diesbezüglich unterschieden wir uns nicht von anderen pubertierenden Jungen unserer Generation.
Wir verstanden es sogar, unsere Behinderung im Kontakt mit den Mädchen nutzbringend einzusetzen. So bat ich, wenn ich abends schon im Bett lag, die Mädchen, die laufen konnten und die sich oft in der Nähe unseres Zimmers aufhielten, mir eine Urinflasche zu bringen und zwischen meine Beine zu stellen. Eine gute Gelegenheit, ihnen unverfänglich etwas zu präsentieren, was ich für überaus prächtig hielt und durchaus ihr Interesse weckte.
Bei Leuten, die auf eine integrative Schule gingen, scheint es eine andere Erfahrung zu geben: Die Schule eröffnet neue Möglichkeiten, die Welt zu entdecken, sich auszuprobieren und zu bestätigen. Die Pubertät aber ist der Beginn der Entfremdung von den Freunden. Man muss realisieren, doch nicht in vollem Maße dazu zu gehören.
In Shopping Malls rumhängen, qualmen und gucken, wie man an Alk rankommt, mag cool sein, aber wenn man behindert ist, geht das nicht. Wenn man überhaupt mal rauskommt, dann zum therapeutischen Reiten oder Basteln.
Ein paar Jahre später, wenn dann ein Kumpel anruft und zur Party in der sturmfreien Bude lädt, kann es schon daran scheitern, dass der U-Bahnhof keinen Aufzug hat. Hinzu kommt das Problem, dass kaum eine Wohnung ohne Treppen zu erreichen ist. Die kräftigsten und hilfsbereitesten Gäste mögen es noch schaffen, einen im Rollstuhl nach oben zu schleppen. Aber wie die steilen Treppen wieder nach unten gelangen, wenn in der Frühe alle vollgeknallt sind? Doch selbst wenn man sich all diesen Fährnissen stellt, wird es nicht belohnt. Jasmin wird von Dennis nach Hause gebracht, weil dieser sich davon verspricht, baldigst mit ihr im Paradiese zu sein. Diane, die an Stützen geht, wird von Marcus begleitet, weil er ein soziales Gewissen hat. Vielleicht ist er fromm und erhofft sich davon eine Erhöhung seines Guthabens im Himmel.

Offenbar fördert eine integrative Beschulung das Gefühl, erotisch unwert zu sein. Daraus abzuleiten, dass stark abgegrenzte Lebenswelten für behinderte Jugendliche anzustreben sind, ist selbstredend Unfug. Vielmehr sollte nach Möglichkeiten gesucht werden, die es ihnen erlauben, ähnlich wie ihre nichtbehinderten Altersgenossen über sich zu verfügen und den sozialen und geografischen Raum zu erobern.
Ein guter Ansatz ist hier der Assistenzgedanke. Er besagt, dass der, der die Hilfe benötigt, darüber verfügt, wer ihm die Hilfe gibt, wann und wo sie erfolgt, was getan wird und wie es getan wird.
Behinderte Jugendliche sollten also Assistenten haben können, die sie nicht pädagogisieren, sondern tun, was sie ihnen sagen, also eher mit ihnen um die Häuser ziehen als Exkursionen für die Schule zu unternehmen.«
Sex, Institut und das Lied des Tango


Konrad Weller
ist ein guter, alter Freund des Instituts und vieler seiner Mitarbeitenden.
Ein warmherziger, humorvoller, lebenslustiger und kluger Mensch.

Konrad Weller weiß was über Tango und über die Menschen, die ihn - den Tango - na, sagen wir mal:
tanzen…

Er ist Professor für Entwicklungspsychologie/Sexualwissenschaft und Leiter des Merseburger Institutes für Angewandte Sexualwissenschaft, spezialisiert auf empirische Sexualforschung und die Umsetzung der Forschungsergebnisse in sexualpädagogische Praxis, zudem analytischer Paar- und Sexualberater, langjähriger Redakteur des pro Familia-Magazins, zudem Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung und dort tätig im wissenschaftlichen Beirat der Zeitschrift für Sexualforschung.
Lakritze isst er nicht und fährt gerne an die Ostsee.


Er schreibt uns:

Liebe Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Sexualpädagogik,

zu eurem 25jährigen Wirken, das ihr im Jahr 2013 feiert, sende ich euch meinen persönlichen Glückwunsch, und
- für gelernte DDR-Bürger ein »muss« - die kollektive Merseburger Gratulation dazu.
Als Präsent überreiche ich einen Essay, dessen Inhalt leibhaftiger, sinnlich-konkreter Erfahrung entspringt.
Die Form ist im dialektischen Dreischritt: These - Antithese - Synthese gehalten.
Anregung dazu gab mir der epochale Text von Volkmar Sigusch »Das gemeine Lied der Liebe«,
zuerst veröffentlich in Sexualität Konkret 1979.

Ein produktives Jubiläumsjahr wünscht Konrad Weller



Und hier das Essay:

Das hohe und das niedere Lied des Tango

Ein Mann und eine Frau. Das melancholische Bandoneon.
Der treibende Rhythmus, das elegante Zögern, die raumgreifende Beschleunigung.
Erotische Spannung, Geschlechterspannung, ohne Kampf, mit klarer Rollenverteilung.
Hier wissen Mann und Frau, was sie zu tun haben: Führen und sich führen lassen, taktvolles Umfassen und Lösen, intimste Nähe ohne Übergriff, fragile Bereitschaft und sensibles Leiten in Balance, sanfter Schenkeldruck, maßvolles Schreiten, schwereloses Schweben, die Grenzsetzung und ihre kokette Überwindung und immer wieder Führung, so sanft wie bestimmt, so klar in den Regeln wie unerschöpflich in kreativer Kombination, respektvolle Symbiose und magische Gravitation. Ein Traum.
Ja, ein Traum, eine Täuschung, Inszenierung.
Es gibt keine Tanzlehrerinnen, es gibt Tanzlehrer und ihre Partnerinnen. Der solare Mann, die lunare Frau. Der Meister und seine Muse, der Macho und seine Puppe, ein Spiel:
Gespielte Hingabe narzisstischer Frauen, gespielte Besitzergreifung narzisstischer Männer. Exhibierte Leidenschaft, ritualisierte Angst-Lust, top and bottom, kontrollierte Dominanz und kontrollierte Unterwerfung, eine Spielart postmoderner pseudoperverser Inszenierungen, getrieben vom unbewussten Drang zum Herrschen und Gehorchen, ohne dafür den anderen und sich selbst verachten zu müssen. Heimliche Wunschwelt irritierter Reflektinos und Emanzipinas.
Ein Spiel, mutueller Selbstbetrug, die reine Beziehung für drei Minuten, subkulturelle Selbsterhöhung und elitäre Sinnsuche,  kollektiver Bewältigungsversuch individueller Bindungsangst bei Rotwein und Kerzenschein, Macho- und Vampphantasien präödipal Steckengebliebener. Phallischer Triumph – wenn das die Mutti wüsste...
Kindliche Zeige- und Schaulust, so aufregend wie die frühen Doktorspiele.

Was vor 100 Jahren als subversive Bewältigung der allgemeinen Sexualnot im argentinischen Arbeitermilieu entstand,
ist heute nostalgisches Faszinosum bindungsunfähiger deutscher Mittelstandssingles und schauspielender Laien.
Ein Anachronismus, historisch wie biografisch.
Die Tango-Szene, blaublütig sublime Variante proletarischer Swingerclubs und SM-Schnupperparties. Die Love Parade
des Establishment.

Singen wir nach dem hohen und dem niederen das ebenso gemeine wie heitere Lied des Tango:
Tausendfache Stümperei arhythmischer Steiflinge in Jeans und Cordhosen, quietschende Gummisohlen, konzentriertes Zählen bis acht, die beengte Tanzstunde mit zu viel Paaren auf zu wenig Raum, die Beziehungsdramen der ungleichen Paare, der umschwärmte arme Gigolo, der von den ewigen Anfängern lebt und unter ihnen leidet. Über allem ein Nebel von Angstschweiß.
Die etwas Begabteren halten die Mühsal des Anfängerkurses durch, sie überwinden die hohe Schwelle hin zu den Fortgeschrittenen und ganz allmählich gehören sie dazu, zur Szene, kaufen die richtigen Schuhe, erhalten eine Mitgliedskarte und Rabatt bei Veranstaltungen mit Live-Musik. Endlich kein Stino mehr, zweimal die Woche für einen Abend, eine Nacht.
Ab und zu hinunter in die dark-and-bloody-grounds, an die schwarzen Flussufer: Insidertum, Insidertips, Internetgestützt.
Dazu gehören und sich durchtanzen, in der reinsten Form der passageren Monogamie, konzentrierter Genuss ohne Reue.
Eine identitätsstiftende Subkultur in der pluralisierten Spaßgesellschaft, eine Nische mehr in der nischenreichen Landschaft, nicht mehr, und nicht wenig in der kalten Welt der großen Städte.
Aufklärungs-Erinnerungen
einer »Porno-Autorin«


Sophie Andresky ist Autorin erotischer Literatur.
Sie lebt in Berlin, hat meist zwei flauschige Katzen im Bett, hätte ohne literweise überzuckerten Latte Macchiato wohl nie ein Buch angefangen (und keinesfalls eines beendet), steht auf Partys immer mal wieder peinlich berührt herum, wenn sie jemand mit den Worten »Das ist Sophie, sie arbeitet in der Pornobranche« in einen Raum voller fremder Menschen schiebt und muss sich immer wieder daran erinnern, dass »Klitorisvibrator« kein passendes Wort/Thema für die Kaffetafel bei Verwandten ist.

Sophie Andresky hat Bücher, Kurzgeschichten, Artikel, Kolumnen geschrieben, tut es noch und ist dafür in »aspekte« empfohlen worden. »Spiegel online« meinte 2011, sie sei »Deutschlands erfolgreichste Porno-Autorin«. Die »Süddeutsche« schrieb, sie biete mit ihrem Werk »heißen Sex für Unterleib und Oberstübchen«.
Vom Ministerium für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport des Saarlandes hat sie sich für ihr Buch »Vögelfrei«
- wenn auch erfolglos - einen Indizierungsantrag eingefangen.
Ihre Website ist für Tiefergehendes sehr empfehlenswert: www.sophie-andresky.de

Das sind einige ihrer Werke:
Einen Text hat sie uns für unsere »neugierig«-Seite als Jubiläumsgruß zur Veröffentlichung überlassen.
Es geht dort um den Sexualtrieb des Zwilling, Krieg der Sterne im Frauentorso und den blöden Patrick mit Schaumhut.
Und so.
Vielen Dank dafür.

Hier ist er:

»Ich weiß noch, wie meine Mutter mich aufgeklärt hat. Ich war vier, und meine Eltern hatten den Schmu der Fünfzigerjahre, das Getuschel und Gemauschel satt und wollten progressiv und sachlich sein. Sie liefen nach dem Duschen nackig durchs Haus und sagten Sachen wie ›Geschlechtsverkehr‹ und ›Glied einführen‹. Dabei zuckt mein Uterus heute noch vor Unbehagen zusammen. Meine Mutter hatte superpädagogisches Material besorgt, in dem man auf Comicbildchen von nackten Kindern sehen konnte, wie Jungs und Mädels so gebaut sind untenrum. Während ich mich vor Peinlichkeit wand, fragte sie mich immer wieder: ›Hast du es jetzt verstanden? Worin unterscheiden sich Mädchen und Jungen?‹ Und ich sagte jedesmal wieder ›an der Frisur‹, denn das Mädchen auf der Zeichnung hatte Zöpfe und der Junge nicht. Mir war es einfach zu unangenehm. Abends hörte ich dann, wie meine Eltern beschlossen: ›Sie ist einfach noch nicht so weit.‹ Von Liebe wurde in unserem kreuzkatholischen Haushalt auch sehr oft geredet. Von Lust nie.
Dunkle Ecken gab es in meiner Kindheit natürlich auch. In einer saß der ältere Nachbarsjunge und wollte mir seinen Schniepel zeigen, was nicht klappte, weil er wegen einer behinderten Hand seine Hose nicht selbst öffnen konnte und ihm auch immer jemand beim Pinkeln helfen musste. In einer anderen saß eine jüngere Freundin, die ich küssen wollte, woraufhin ich unglaublichen Ärger mit ihrer Mutter bekam, die mich sogar später als Erwachsene nie wieder gegrüßt hat.
Zu meinem zwölften Geburtstag schenkte mir jemand ein Sternzeichenbuch für Kinder, in dem es hieß: ›Als Zwilling ist dein Sexualtrieb besonders stark. Unterdrücke ihn, so lange du kannst.‹ Ich hoffe, dieses Buch wurde mittlerweile als ›für Jugendliche desorientierend‹ aus dem Handel genommen.
Andere Kinder verfügen ja bereits früh über ein beeindruckendes Fachwissen. Der kleine Sohn einer Freundin (er ist gerade mal 10) fragte mich neulich nach meiner letzten Periode - weil er dann meinen Eisprung ausrechnen könne. Ich wollte ihn nicht verwirren mit dem Hinweis, dass ich mir das allmonatliche Geblute schon lange spare und statt dessen die Pille durchnehme. Ich vermute allerdings, dass er sich die Vorgänge in meinen Innereien sowieso vorgestellt hat wie einen Flipperautomaten, in dem die Eier mit Affengeschwindigkeit an den Organen vorbeischießen. So eine Art ›Krieg der Sterne‹ im Frauentorso.
Kinder haben ja nicht nur eine eigene Kinder-Sexualität, sondern auch eine Intimsphäre. Hallo Mom, ich habe es z.B. immer gehasst, wenn du mir unters Kleid gegriffen hast, um die Strumpfhose zurechtzuziehen, während der blöde Patrick von nebenan zusah, mit dem ich in den Kindergarten gehen musste, obwohl er mich regelmäßig zum Weinen brachte, indem er androhte, er werde nachts in unseren Garten steigen und alle Bäume absägen. Als ich meinen Eltern endlich davon erzählte, musste Patrick sich bei mir entschuldigen, was schon demütigend genug für ihn gewesen wäre, aber er saß zu diesem Zeitpunkt auch noch im samstäglichen Wannenbad und hatte einen Schaumhut auf dem Kopf. Seitdem erscheinen mir furchterregende Menschen weniger beängstigend, wenn ich sie mir planschend mit Quietscheentchen vorstelle.
Visionen von Schaumkronen und Gummitieren nutze ich übrigens auch gern, wenn mir beim Gelecktwerden der Orgasmus zu früh kommt – aber das ist ein anderes Thema.«
Sex-Slam ist kein Kaffekränzchen…
Sebastian 23 ist Komiker, Autor und einer der bekanntesten Poetry Slammer Deutschlands
– und er wiederholt gerne, dass er eine Mütze trägt, obwohl das jeder sieht.
Seit 2002 hat er sich der live vorgetragenen Literatur verschrieben, wurde 2008 Vizeweltmeister im Poetry Slam, gewann 2010 den Prix Pantheon, trat bei TVTotal, Nightwash und im QuatschComedyClub auf und erlangte zudem bei einer Aral-Tankstelle in der Nähe von Büttelborn dreieinhalb Bonuspunkte beim Erwerb eines Liters Eistee.
Oft hört man, er sei von Wölfen großgezogen worden oder habe tief im Dschungel des Amazonasdeltas einen vergessenen Inka-Tempel gefunden – barfuß. Aber das stimmt alles nicht und passt auch gar nicht in diesen Text hier.
2011 erschien sein zweites Buch »Schwerkraft und Leichtsinn« bei WortArt, zudem geht Sebastian 23 mit seinem zweiten Solo-Programm auf Tour. Es heißt »Dem Schicksal ein Schnittchen schmieren« und ist wild und gefährlich, wie Poeten nun mal so im Alltag sind. Außerdem kommen Mützen vor.
Obwohl das jeder sieht.
Ach ja, er ist Mitglied der Slam-Lesebühne LMBN (mit Andy Strauß, Sulaiman Masomi, Mischa-Sarim Verollet, Artur Fast (Live-Painting) und DJ Nachtfalke) und des Duos »ERZFREUNDE« (mit Lars Ruppel).
Sebastian ist klug, aufmerksam gegen über dem mehr oder weniger liebenswerten Irrsinns des Lebens - und voll lustig.
Das kann man sehr gut sehen in den Videos, die auf seiner Seite stehen.
Vor allem zu empfehlen: Die youtube-Kanäle Pommes23 und Kolumne23.
Pressestimmen:
»Sebastian 23 kann die Dinge auch auf den Punkt bringen.« – ard.de, November 2010
»Einer von vielen ist Sebastian 23 längst nicht mehr.« – spiegel.de, Mai 2009
»Super!« – Mutti, Januar 2011
Sebastian 23 hatte schonmal Sex und denkt seitdem, dass er sich mit dem Thema auskennt.
Ungefähr so ist auch ist auch der folgende Text entstanden, den er uns zur Verfügung gestellt hat. Einen noch unveröffentlichten sogar, über das Jahr 3013, in dem nicht die Welt untergegangen ist, aber die Menschheit das Sex haben eingestellt hat. Dafür aber gibt’s Kuchen…

Führe mich nicht in Verkuchung


Ich bin mir sicher, dass die Menschheit im Jahr 3013 keinen Sex mehr hat.
Man hat sich bis dahin die Sache mal objektiv angesehen und festgestellt, dass es gar nicht soooo toll ist. Viel cooler fanden alle Käsekuchen, also backen die Leute jetzt statt Sex zu haben.
Nach wie vor beginnt das Ganze in der Pubertät. Wobei Mädchen oft bereits mit 14 oder 15 die erste Backform bekommen, Jungs hingegen meist schmerzliche zwei, drei Jahre länger warten müssen.
Das trifft die Jugendlichen natürlich nicht unvorbereitet, sie werden schon ab der Grundschule in Sexualkunde mit ersten Rezepten konfrontiert. Diese Praxis ist allerdings nicht unumstritten, auch wenn jeder weiß, dass sich die Kids die Rezepte jederzeit im Internet ansehen können. Einfach bei Seiten wie www.cakexxx.org oder www.youcake.com auf Enter klicken, schon sieht man nicht nur Rezepte, sondern auch eindeutige Bilder und Videos von kurvigen Backformen, saftigem Käse und heißen Öfen. Aber ich schweife ab.
Die Kids werden natürlich in ihrer Entwicklung gestört. Das Harmloseste ist noch, wenn sie gleich beim ersten Date gemeinsam in die Küche gehen. Oder gleich zu dritt oder zu viert am Ofen stehen beim sogenannten Cheesebang und sich dabei noch gegenseitig mit ihren Handys filmen, um das hinterher auf youcake hochzuladen. Das hat doch mit echtem Kuchen nichts mehr zu tun!
Viele nutzen nicht mal eine schützende Backform und wundern sich dann, wenn hinterher der Kuchen juckt!
Aber die Erwachsenen sind ihnen auch nicht grade gute Vorbäcker, das muss man an der Stelle auch mal zugeben. Ich
kenne Leute, die sind im bürgerlichen Leben Gebrauchtwagenhändler oder Außenminister, aber hinter den fadenscheinigen Kulissen geht es schmutzig zu.
Da tragen diese Leute Back und Leder, peitschen sich gegenseitig aus oder brüllen sich an beim Dirty Baking.
Und das ist ja noch nix!
Ein ehemaliger Freund hat mir kürzlich ein Internet-Video geschickt, das »2Girls1Cake« hieß. Ich will gar nicht sagen, was die zwei Frauen in dem Video da machen!
Es wird ja so schon klar: Da ist weder Käse noch Kuchen im Spiel gewesen. Total perverse Backexzesse, da wird echt dem Hartgesottensten die Lust am Gebäck vermiest.
Und es wird immer schlimmer: In Österreich ist kürzlich ein Mann aufgeflogen, der seinen eigenen Kuchen 17 Jahre lang in seinem Keller gefangen gehalten hat, bis der schon ganz schimmelig war am Rand.
In Deutschland gab es vor kurzem einen Riesenskandal, weil sich ein Typ im Internet mit einem Käsekuchen dazu verabredet hat, diesen zu essen. Das muss man sich mal vorstellen: Der Typ hat den Käsekuchen gegessen! Stück für Stück! Und sich dabei noch gefilmt!
Manchmal frage ich mich, ob es nicht vielleicht besser wäre, wenn die Menschheit einfach wieder Sex haben würde.
Dann hätte wenigstens dieser ganze Wahnsinn ein Ende.
Kindheit und Genialität haben
denselben Grundimpuls: Neugier
oder: Quiz-Zeit beim isp


Es war in den Achtzigern, als Fritz Egner das Radio verließ, um bei der ARD ein Format zu präsentieren, das fast 10 Jahre viele Menschen unterschiedlichen Alters  an den Bildschirm bannte: Kinder erklären den Erwachsenen »die Welt« und so manches »Dingsda« in urkomischen Beispielen, Veranschaulichungen und Sichtweisen. Sie dachten dabei in Kategorien, die sich Erwachsene nicht mehr erlaubten, sie sahen die Welt in einer Weise, wie sie nur die Neugier schaffen kann.

Auch wir haben Kinder gefragt.
Und sie erklärten uns Begriffe aus dem Menschenleben, mehr oder weniger aus dem Themenbereich der
Sexualität - 10 »Dingsdas«.
Die Aufgabe ist also: Stift und Zettel holen, aufs Video klicken und die 10 erklärten Begriffe herausfinden.
Raten können und sollen übrigens alle - Erwachsene genau so wie Kinder - gerne auch zusammen...
Die Lösungen sind am Ende dieser Website zu finden – nach dem Filmgucken…


1) Frau 2) Schmusen/Kuscheln 3) Penis 4) Lust 5) Wie entsteht ein Baby? 6) Liebespaar
7) Mann 8) Verlieben 9) Scheide 10) Küssen.
Hier klicken, um Lösungen zu sehen
»Nichts über uns ohne uns!«
Lang lebe das Medienprojekt Wuppertal!
»Emanzipatorische Sexualpädagogik« – so war und ist das Etikett für das, wofür das Institut für Sexualpädagogik
stand und steht.

Emanzipatorisch?
Das ist – unter anderem – keine Tugendverordnung, keine Warnung vor zu viel Sexuellem.
Das ist: Keine unangemessene Verängstigung vor möglichen Gefährdungen, keine zusätzliche Beschämung, kein »Besser lieber nicht« oder »Wahre Liebe wartet«.
Das ist: Freundliche Begleitung bei den ersten Schritten in einem unbekannten Lebensfeld.
Das ist die möglichst gut gestaltete Möglichkeit, miteinander aus Erfahrungen zu lernen.

Miteinander aus Erfahrungen zu lernen, ohne Drohgebärde und harte Erziehungszurechtweisungen, sondern dadurch, dass Gelungenes und Misslungenes offen zur Sprache kommen, ins Gefühl gelangen und zu Herzen gehen kann – dafür bildet das Institut seit Beginn Fachkräfte der sozialen Arbeit aus.


Und seit Anbeginn hatte das Institut einen gleich tickenden Partner: Das Medienprojekt Wuppertal.

Das Medienprojekt Wuppertal will…

»Jugendlichen durch selbstproduzierte Filme die Möglichkeit zur kreativen Artikulation ihrer Ästhetiken, Meinungen und Lebensinhalte geben. (…)
Die dominierenden Themen der Jugendlichen in ihren Kurzspielfilmen, Reportagen, Trickfilmen und Musikvideos sind wie bei ihren großen Vorbildern in Kino und Fernsehen Liebe/Sex und Gewalt; nicht weil sie dort nur abgucken würden, sondern weil beide mit ihren lustvollen und problematischen Anteilen in dieser Lebensphase eine besonders dynamische Rolle spielen und außerdem kreativ unerschöpfliche Themen sind. (…)

 


Medienpädagogik (…) definiert sich in Wuppertal auch als präventiver Jugendschutz. (…)
Sie ist auch durch ihre kooperativen, partizipativen und produktiven Elemente hochwirksam bei der Entwicklung einer demokratischen, reflexiven, lustvollen Persönlichkeit von Jugendlichen. (…) 


Im Normalen wird das Besondere gesucht, selbstbestimmt werden intime Grenzen der Selbstdarstellung von Körper, Gedanken und Erfahrungen ausgelotet, durch pulsierende Authentizität wird Neugierde und Solidarität der ZuschauerInnen provoziert. (…)

 

Der pädagogische Ansatz heißt: Nicht Youth-Education sondern Youth-Involvement, nicht Problemlösung sondern Problemdarstellung im Film, nicht Happyend-Filme sondern altersgemäße Pointierungen, nicht Objektivität in einem Film sondern Pluralität zwischen vielen Filmen, nicht Moral- und Wissensvermittlung sondern Entwicklung durch Reflexion des Eigenen und Auseinandersetzung mit dem Fremden.«


Das Medienprojekt hat zum Thema »Sexualität« im Laufe der Jahre viele verschiedene auf DVD gefasste Videobeiträge hervorgebracht, die einem bewussteren Umgang mit der Vielfalt des Sexuellen nützlich waren und sind; u.a. »Behinderte Liebe«, »Queer gefilmt«, »Jung und schwanger«, »Geiler Scheiß«, »Mama ist lesbisch«, »Sexualisierte Gewalt« und drei mal »Lust und Frust«.


Sie alle sind einem sexualitätsbewussten pädagogisch interessierten Zusammensein mit Heranwachsenden sehr zu empfehlen und können auf der Projektwebsite www.medienprojekt-wuppertal.de genauer beschrieben gefunden und natürlich auch bestellt werden.

Andreas von Hören, der Leiter des Medienprojekts, hat aus Anlass des Institutsjubiläums einen schönen 15-minütigen Film zusammengeschnitten: »20 Jahre sexuelle Aufklärung in Wuppertaler Jugendvideoproduktionen«. 



Vielen Dank dafür!
Bilder, die sich wundern wollen.
eine lustexpedition
Franziska Barth ist Kulturwissenschaftlerin und diplomierte über das Potential von Bilderblogs als visuelle Kommunikationsform im Rahmen sexueller Selbstbestimmungsprozesse. Sie arbeitet als freie Fotografin und Vermittlerin für visuelle Kommunikationsformen an der Schnittstelle zwischen Sexualpädagogik und Kunst. Dabei mag sie besonders die Möglichkeiten, die sich eröffnen, sobald Sexualitäten interdisziplinär erkundet werden. Darüber hinaus mag sie pornografische Filme, die mit erwartbaren Standards brechen. Und Hörspiele von Bibi Blocksberg.
Franziska Barth fotografiert.
Und sie erzählt – von dem, was sie erlebt in ihrem Tun, von dem, was sie will und was sie vorschlägt:

»Ein großes Dankeschön geht an das ISP für die Möglichkeit, die ›neugierig-Seite‹ mit vielen bunten Bildern zu schmücken. Und gleichsam gratuliere ich recht herzlich zum 25jährigen Jubiläum!

Im Rahmen meiner Diplomarbeitsrecherche schaute ich durch eine Reihe von Büchern und Schriften, die sich thematisch mit Sexueller Bildung und Aufklärung, Pornografie oder sexueller Selbstbestimmung beschäftigen. Das Beschreibungs-spektrum war schier unerschöpflich - aber die darin enthaltenen Visualisierungen von Sex, Nähe, Intimität, Lebens- und Liebesformen wirkten oftmals undifferenziert, starr, moralinsauer oder lediglich als unterstützende Metapher zum Inhalt
der Texte.
Wie kann es nun aber gelingen, fotografische Bilder zu erzeugen, die vielfältigere Formen von Lust und Liebesweisen zeigen, ohne sich standardisierter Formen und Formate zu bedienen?

Ich glaube, das eigentlich spannende Moment ist, sich als Fotografin in unsichere Situationen zu begeben. Wenn ich die Bilder und Aussagen und Interpretationsspektren schon vor dem Fototermin im Kopf gestalte, nehme ich mir selbst ein Stück vom Zauber des Unvorhersehbaren.

Also baue ich lediglich Räume und Situationen, Umgebungen und Stimmungen, die aber letztlich von den dort agierenden Menschen - in welcher Form auch immer - belebt, erkundet und verändert werden können und sollen.

Indem ich einen Ort des Unvorhersehbaren erschaffe, in welchem sich Situationen, Emotionen und Wahrnehmungen verfangen mögen, vervielfältige ich auch den daraus entstehbaren Möglichkeitsraum zum kommunikativen Austausch.
Denn das, was nicht klar und starr festgelegt wurde, lebt von den Fragen, Ideen und Eindrücken der
persönlichen Vorstellung.
Im Selbstversuch erschloss ich mir die reflexiven Raumformate des Begehrens in Bildern und fing an, das assoziative und spielerische Potential zu erproben und weiter zu entwickeln.

Ich stieß im Internet auf Blogformate, in welchen Menschen aus aller Welt visuelle Tagebücher ihrer Lust entwickeln. Innerhalb hoch differenzierter Bilderarchive finden sich tausende gefundener, selbst produzierter und getauschter Visualisierungsformate menschlichen Begehrens.

Sexualpädagogisch interessiert mich dieses Format vor allem aus zwei Perspektiven.

Die vielfältigen und hoch differenzierten Darstellungen schaffen eine ideale Voraussetzung für eine kontroverse Auseinandersetzung mit individuell relevanten Themen rund um die Lust. Sie eröffnen Gesprächskulturen, die abseits der genormten Blickpraxis funktionieren und Lust am Eigenen und am Anderen und überhaupt am Möglichen entstehen lassen.
Darüber hinaus können selbst produzierte, geteilte und getauschte Bilder auch in Paarbeziehungen eine spannende Dynamik außerhalb verfestigter Sprachmuster auslösen. Innerhalb einer solchen Spielform lassen sich neue Lusträume etablieren, Perspektiven entwickeln und über das gegenseitige Zeigen und Sprechen oftmals auch ganz ungewohnte Gedanken zur eigenen Lust gewinnen.
Wer sich mehr Bilder oder Anregungen oder Vermittlungskonzepte wünscht, der oder die kann gern schauen, staunen, teilen, einen eigenen Blog probieren oder mailen.

www.sinnfektionen.tumblr.com
www.skopophilia.tumblr.com
www.streifenblicke.de

Ich entwickle intermediale Formate und kommunikative Konzepte für eine kreative, lustvolle Auseinandersetzung mit selbstbestimmten, vielfaltsorientierten Sexualitäten, Lebens- und Liebesweisen.

Anfragen bitte gern an franziskaba@gmx.de«
Wahrnehmung, Empfindung und Wissen
einer kraftvollen Kulturschaffenden.
Eine herzliche Einladung


Sookee ist Rapperin und Poetin.
Sookee hat die Waldorfschule besucht, germanistische Linguistik und Gender studiert.
Sookee äußert sich viel und ist gerne im Dialog, insbesondere mit Jugendlichen. Ihre thematisch und kulturelle pralle Website www.sookee.de lädt zur Auseinandersetzung und zum Genuss ein.
Die von ihr kreierten Musikmedien heißen z.B »Bitches, Butches, Dykes und Divas« oder »Quing«,
ihre Songs »One Billion Rising«, »D.R.A.G.« oder »Pro Homo«.

Wir haben Sookee gebeten, etwas für unsere Jubiläumsseite zu schreiben; das hat sie getan.
Ihr Text schildert 3 Veränderungen und gibt nicht nur einen hervorragenden Eindruck davon, was sie umtreibt,
sondern ist im besten Sinne spannend, herausfordernd und sinnlich.

Ihr Jubiläumsgruß:

»Liebes ISP, du wirst auch bald auf die Dreißig zugehen, so wie ich grad.
Fühlt sich gut an. Der Sex wird immer besser mit der Zeit.
Deine Sookee «


Vielen Dank, Sookee.
We proudly present those written words and songs of the Quing of Berlin:

Veränderung 1:
Meine erste sexuelle Empfindung fand laut Erinnerung vor dem Fernseher statt:
Die Frau mit den schwarzen Locken, die in der »Gliss-Kur«-Werbung eine Schere mittig sanft zerbrach, eröffnete mir einen Raum, der für mich über Jahre mit vielen Fragezeichen und Verunsicherungen ausgestattet war und der endlich ein Ort der Selbstliebe, des Genusses und der Kommunikation geworden ist.

Über weite Strecken meines Lebens ging ich davon aus, bisexuell zu sein.
Aber Bisexualität reicht nicht in die Sphären, in denen eine sich etwa zu Drag Queens oder Transpersonen hingezogen fühlt. In denen Geschlecht variabel sein kann und viel mehr zu bieten hat als das weibliche Entweder und das männliche Oder.

Nicht zuletzt wird weibliche Bisexualität in einer heteronormativen Gesellschaft einerseits sexualisiert, pornographisiert und vereinnahmt (zumindest wenn sie einer marktkompatiblen Normschönheit entspricht) und andererseits im schlimmsten Fall vom homosexuellen Spektrum für eine Denunziation gehalten.

Vor etwa zehn Jahren stieß ich zum ersten Mal auf ein Konzept, das sich hinter dem Begriff »Queer« verbirgt. Hierbei handelt es sich um die Irritation und Dekonstruktion von binären Strukturen. »Queer« stellt zwangsvereindeutigende Dichotomien in Frage und bedeutet damit für geschlechtliche und damit einhergehend sexuelle Identitäten, dass es mehr als zwei Geschlechter und mehr als »Homo« und »Hetero« gibt. »Queer« ist damit ein politischer Begriff, ein Analysewerkzeug, das die Verunsichtbarung von Menschen, die sich nicht in tradierte und dominante Rollenbilder im Rahmen von Zweigeschlechtlichkeit einrichten wollen oder können, und die sich nicht an der Vorhersehbarkeit und Gewaltförmigkeit von Heteronormativität beteiligen wollen, aufzeigt und ihr subversives Potential entgegensetzt. »Queer« macht mich handlungsfähig, unterstützt mich in meiner Kreativität und eröffnet mir Wege zu freiheitlicherem Sex.

Veränderung 2:
Ich habe mich in den letzten Jahren verstärkt mit Internetpornographie und den Effekten auf psychosexuelle Entwicklungen von Jugendlichen, Erwachsenen und Gesellschaft befasst. Auf Tagungen und in Veröffentlichungen zu dem Thema hatte ich immer wieder den Eindruck, dass eine Erwachsenenwelt tendenziell besorgt auf jugendliche Rezeptionen von Pornos schaut. Eine moralisierende Projektion, die für mich schwer auszuhalten ist, wenn man bedenkt, dass Jugendliche strukturell kaum Möglichkeiten haben, darauf hinzuweisen, dass diese Abermilliarden von Klicks und Euros eben nicht mehrheitlich von 10- bis 19-Jährigen generiert werden.

Ich habe den Eindruck, die viel dringendere Aufgabe ist eine Politisierung der heterosexistischen Rape Culture-Propaganda innerhalb von Internetpornographie (aber auch von vielen anderen medialen Produkten, die nicht als Adult Entertainment gelten). Und aus genau diesem Grunde nutze ich jede Gelegenheit, um für nicht-heterosexistische, nicht-gewaltförmige Pornographie zu werben, in der Einvernehmlichkeit transparenter Teil des Scripts ist. Oder um es aus queerfeministischer, antirassistischer Perspektive mit Annie Sprinkle zu sagen: »Die Antwort auf schlechte Pornos ist nicht keine Pornos, sondern gute Pornos.« Das bedeutet auch, die kapitalistische Verwertungslogik in den Blick zu nehmen, innerhalb derer Mainstream-Pornographie ein ökonomischer Faktor geworden ist.

Wenn eine Erwachsenenwelt nämlich einen aufrichtigen Umgang mit ihrem mehrheitsgesellschaftlichen Pornokonsum hat und sich bemüht, strukturelle Gewalt in Form von Sexismus oder Rassismus abzubauen, müssen wir uns auch keine Sorgen um all die 11-Jährigen machen, die im World Wide Web massenhaft auf inszenierten Profi-Sex treffen. 
Veränderung 3:
Ähnliches gilt im Übrigen auch für die Rap-Industrie. Dominante Männlichkeit, Phallozentrismus und Sexualisierung von Weiblichkeit werden im Mainstream-Rap sowie im Malestream-Untergrund weitgehend zu Werten erhoben, die Konsequenzen für die Sozialisationsprozesse von Generationen junger Menschen haben. Die mediale Öffentlichkeit prangert dies einerseits konjunkturell an, bemüht sich aber andererseits nur sehr oberflächlich, den Nährboden für Sexismus auszutrocknen. Rap hat Sexismus nicht erfunden, Rap kann mit (hetero-)sexistischer Propaganda nur so erfolgreich und marktwirtschaftlich relevant sein, weil es eine gesellschaftliche Empfänglichkeit dafür gibt.

Menschen, die ihre verinnerlichten sexistischen Potenziale reflektieren, haben nämlich gar keinen Bock auf solchen Output. Auch die Versuche von staatlicher Seite, mit Indizierungen und Verboten entgegenzuwirken, sind für viele Rapper eher zuträglich, weil ihre harten Images dadurch quasi noch offizielle Bestätigung erfahren.

Was also tun?

Die Antwort ist einfach und beinhaltet ein Langzeitprojekt: Kinder und Jugendliche brauchen in ihren Bildungsbiographien Unterstützung und Angebote, die sie zu kritischer Medienrezeption befähigen. Und zwar nicht als dazwischen geschobener Projekttag, sondern als Querschnittsaufgabe. Außerdem müssen Artists, die mit ihrer Kunst emanzipatorische Gegenentwürfe liefern, mehr Support erfahren, auch wenn eine mediale Öffentlichkeit sich bei ihnen nicht heimlich an grenzüberschreitenden Kontroversen aufgeilen und abgrenzen kann.

Sex(ualität) hat auch in aufgeklärten, politischen Songs, Filmen, Büchern, Videos, Photos, etc. Raum. Darauf muss entgegen des Klischees überhaupt nicht verzichtet werden. Sex ist wundervoll, bereichernd, inspirierend - Kultur und Kunst müssen davon berichten, um der Doppelmoral einer Rape Culture ein Ende zu setzen.
 
6 mal Sex-Clips.
Eine jugendliche Reise
durch die Tiefen des Internet


Felix ist 15 Jahre alt, Gymnasiast und war bereit, für unsere Homepage auf die Suche zu gehen
- nach Internetseiten mit dem Thema »Sexualität«, die er gut findet.
Begleitet hat ihn auf diesem Trip sein Kumpel Jan - der dann jedoch beim Filmdreh nicht mehr mitmachen wollte.

Hier erklärt uns Felix, welche Filme er für uns von dieser Reise mitgebracht hat. Es war eine Reise mit ordentlich Pizza, Cola und viel Lachen - was ja nicht das Schlechteste ist als Ergebnis eines medialen Trips.
Herausgekommen sind seine 6 Lieblingsclips zum Thema »Sex«, die er jeweils kurz anmoderiert hat.
Wie er es findet, wenn seine Klassenkameraden diesen Film sehen, weiß er selber nicht so genau; dennoch hat sich bereit erklärt, sich mit den Ergebnissen dieser Auftragsarbeit zu zeigen.

Felix ist, obwohl aus Münster kommend, passionierter Wassersportler. 
Etwas unklar bleibt, wie er mit 236 Facebook-Freunden und den vielen anderen Sporthobbies überhaupt dazu kommt, sein Surfbrett in die - am liebsten französischen - Atlantikwellen zu schmeißen.
Auch mag verwundern, dass er statt die für seine Bemühungen angebotenen Kinokarten lieber mit einem 40jährigen Sexualpädagogen Squash spielen wollte. Man kann also leicht feststellen: Felix ist nicht »der« Jugendliche. Er ist nur einer. Seine Sexcliphitauswahl ist also nicht symptomatisch für irgendwas.
Sie anzusehen, macht jedenfalls Spaß. Uns wenigstens.
Und unsere Websitebesuchenden hoffentlich neugierig.

Here they are – proudly presented by Felix:
2013:
Homosexuelle erfahren Hass, Ablehnung
und Ausgrenzung


Die Zeiten haben sich geändert.
Für jugendliche Homosexuelle aber bedeutet die mediale und gesellschaftliche Veröffentlichung der von Heterosexualität abweichenden Orientierung von Berühmten und Bekannten heute noch keineswegs Akzeptanz und Gleichachtung.

Der Vorsitzende der Gesellschaft für Sexualpädagogik (www.gsp-ev.de), in der das Institut von Anbeginn mitwirkt,
weist darauf hin, dass der Einsatz gegen sexuelle Diskriminierung 2013 ff. weiterhin nötig bleibt.
Dr. Stefan Timmermanns war Mitarbeiter bei pro familia und der Deutschen AIDS-Hilfe. Er ist Dozent an der Pädagogischen Akademie Elisabethenstift in Darmstadt und Lehrbeauftragter an der Hochschule Fulda. 
Hier ist sein Beitrag – in dem auch die verlinkten Texthinweise lesenswert sind.

Unser Jubiläum, das können wir versichern, ist auch ein Jubiläum im Einsatz für sexuelle Vielfalt und gegen die aggressive Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen jeglichen Alters.



Zwei Schritte vor – einer zurück


»Massenproteste gegen die Öffnung der Ehe für Homosexuelle in Frankreich,1 Anstieg der Gewalttaten gegen Lesben und Schwule in New York2 - wie passt das zusammen mit der erfolgreichen Emanzipationsbewegung von Homosexuellen in den letzten 40 Jahren? Heute haben Lesben und Schwule in Deutschland fast die gleichen Rechte wie Heterosexuelle:
Seit 1994 steht Homosexualität nicht mehr unter Strafe und seit 2001 können Lesben und Schwule eine eingetragene Lebenspartnerschaft führen. Was lösen die Bekundungen von Ablehnung und Hass bei jungen Menschen aus, die gerade ihre sexuelle Orientierung entdecken?

Über die Antwort können wir nur spekulieren, da es kaum empirische Forschung zu diesem Thema gibt. Mit der Frage, wie sich die Lebenssituation homosexueller Jugendlicher heute in Deutschland gestaltet, habe ich mich jedoch in den letzten Jahren etwas genauer befasst. Die Ergebnisse können in einer Expertise nachgelesen werden, die ich gemeinsam mit Uwe Sielert erstellt habe.3 Demnächst erscheint auch ein Artikel dazu im ›Forum Sexualaufklärung und Familienplanung‹.4
Vor Kurzem ist zudem eine Untersuchung der EU erschienen, die belegt, dass die Lage alles andere als rosig ist:
  • ca. die Hälfte aller LGBT (Lesben, Schwule, Bi-, Transsexuellen) ist in den vergangenen 12 Monaten diskriminiert oder belästigt worden,
  • mehr als 80% der Befragten haben in ihrer Schulzeit negative Bemerkungen oder Mobbing gegenüber jugendlichen LGBT erlebt,
  • ein Viertel der Befragten sind in den letzten fünf Jahren Opfer von Gewalt geworden oder ihnen wurde Gewalt angedroht.5
Dass solche Erfahrungen sich nicht positiv auf die Entwicklung von Identität und Selbstbewusstsein auswirken, liegt auf der Hand und müsste eigentlich nicht noch empirisch nachgewiesen werden. Dafür sprechen auch die zahlreichen Selbstmorde schwuler Jugendlicher, die sich 2010 in den USA ereigneten.6 Aus Untersuchungen vor allem in Nordamerika wissen wir, dass die Suizidrate unter homosexuellen Jugendlichen bis zu sechs Mal höher ist. Es müsste also dringend etwas unternommen werden, um diesen Missstand zu beheben. Zwar nimmt die Zahl der Jugendangebote für Lesben und Schwule in den Großstädten langsam zu, aber für ›Landeier‹ sind auch diese oft unerreichbar. Eigene Jugendgruppen oder Beratungseinrichtungen7 für Schwule und Lesben sind als ›Schonräume‹ immer noch notwendig, gleichzeitig sollten die Bedürfnisse homosexueller Heranwachsender in der Jugendarbeit generell stärker aufgegriffen und berücksichtigt werden.

Ein Zitat aus einer kleinen Umfrage unter schwulen Jugendlichen zu ihrer Lebenssituation, die ich vor wenigen Wochen für den Artikel im ›Forum Sexualaufklärung und Familienplanung‹ (s.o.) gemacht habe, fasst sehr gut zusammen, was mangelnde Akzeptanz und Unterstützung sowie Ablehnung, Wut und Angst bei jungen Schwulen (und vermutlich auch jungen Lesben) bewirken kann:

›Gehe ich von mir aus, wäre wohl die größte Unterstützung diese, dass meine Familie mich als Gesamtwesen akzeptiert und ich mich nicht abgelehnt fühlen müsste, denn so sehr ich mich auch sträube, mein Leben mit ihnen zu verbringen, sie daran teilhaben zu lassen, so sehr wünscht sich das Kind in mir doch noch die elterliche Akzeptanz. Es klingt vielleicht etwas konservativ [...], aber Familie steht bei mir [...] an vorderster Stelle. Ich hätte bei weitem nicht dieses emotionale Chaos erleben müssen, wenn ich immer wieder einen Hort gehabt hätte, zu dem ich zurück finden und Wärme, Geborgenheit und Akzeptanz finden konnte, stattdessen bin ich Nestflüchter und versuche heute alles, mich von diesen alten Wunden zu lösen und krampfhaft eine eigene Familie zu konstruieren - mit mäßigem Erfolg... Wenn ich an die Unterschiede zwischen homosexuellen und heterosexuellen Jugendlichen denke, kommt mir [...] in den Sinn, dass ich als Homosexueller tendenziell eher Ausgrenzung erfahren habe, weil Menschen Ekel, Wut und Angst empfanden. Ich wünsche mir, dass Homosexualität kein Thema mehr wird, über welches es nötig wäre noch zu reden, sondern [dass] eine gesamtgesellschaftliche und familiäre Akzeptanz des Menschen [herrscht] als Gesamtwesen ohne Reduktion
auf ›ein Merkmal‹.‹

Das isp sowie seine Dozentinnen und Dozenten standen in den vergangenen 25 Jahren dem Thema sexuelle Vielfalt immer offen und unterstützend gegenüber. Ich wünsche mir, dass lgbt-Jugendliche trotz der aktuell schwierigen Zeiten auch mit eurer Hilfe wieder einen Schritt vorankommen.«
Sexualität schöner leben.
Oder: Viva la Vulva!
Dr. Laura Méritt ist Sex-Aktivistin, feministische Linguistin, Autorin (u.a Herausgeberin des Klassikers »Frauenkörper neu gesehen«) 
und promovierte über »Das Lachen der Frauen«. Sie führt seit über 20 Jahren einen Laden für Sex-Spielzeuge, macht Aufklärungskampagnen und lädt freitäglich in den Berliner Freuden-Salon zum Austausch und zur Kommunikation über Sexualität ein. Laura Méritt ist zudem Initiatorin des Feministischen Porno-Filmpreises »Europa PorYes«.


 Eingeladen zu einem Beitrag für unsere »neugierig«-Seite entstanden die folgenden Grußworte aus der Hauptstadt:



 »Liebes Team des Instituts für Sexualpädagogik,

25 Jahre sind eine ganz schön lange Zeit und ich freue mich, euch allen hiermit herzlichst gratulieren zu können!
Solltet ihr besorgt sein, wie es jetzt eigentlich noch weitergehen soll, so braucht ihr das nicht: 
der Sex wird mit der Zeit eindeutig besser.
Und dazu möchte ich gern noch ein paar Worte verlieren:

Wozu eigentlich noch Aufklärung?

Spannenderweise scheint der Lauf der Dinge so zu sein, dass unsere Gesellschaft eine immer stärkere Sexualisierung erfährt, Sex also überall präsent ist, dieser aber gleichzeitig immer stärker normiert wird.
Gerade Frauen* sind davon betroffen: Wer hat wann, wo und wie Sex – und: mit wem?
Das sind Fragen, die mittlerweile öffentlich diskutiert werden; und wer aus dem Vorgefertigten rausfällt, wird dafür
sozial sanktioniert.
Deshalb darf das Verbreiten von sexuellen Bildern und Informationen nicht Mainstream-Medien und Pornos überlassen werden, die letztendlich Sexualität standardisieren und Stereotype verbreiten. Diese Industrialisierung von Sex erschwert das Erkennen und Äußern eigener Wünsche.

Je diverser die Repräsentationen von Sexualität, desto besser! Dabei ist auch Kommunikation von großer Bedeutung, denn für erfüllenden Sex steht die Verständigung über Sex an erster Stelle. Wörter zu haben, mit denen ich mich wohlfühle, ist sehr wertvoll. Das geht aber nur, wenn wir nicht von allen Seiten mit normierenden und möglicherweise sex-, rass-, look- und age-istischen Bildern überfallen werden!

Was bedeutet ›sex-positiv‹?

Als die Frauenbewegung gegen Mainstream-Pornos ankämpfte, wurde sie schnell als frigide und anti-sexuell diffamiert, die sex-positive Botschaft bewusst weggelassen.
Das ist hinterhältig, denn die weibliche Sexualität wurde jahrhundertelang unterdrückt und kontrolliert – und wird es
immer noch.
Feministisches Ficken ist in erster Linie konsensuell und bewusst, vielfältig und nicht wertend.
Sex-positive Personen gehen davon aus, dass alle sexuellen Varianten erlaubt sind, wenn sie im gegenseitigen Einvernehmen passieren und dass sie keiner Zensur oder Stellungnahme von außen bedürfen.
Die Angst vor der sexuell selbstbestimmten Frau ist zwar noch nicht überwunden, aber ich bin mir sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Was unternehme ich, damit wir schön(er)en Sex haben können?

So viel ich kann! In erster Linie möchte ich Menschen dazu bewegen, Sex offen zu besprechen. Dazu veranstalte ich beispielsweise in Berlin den Freuden-Salon, wo wir ganz unterschiedliche Themen verhandeln, Filme schauen, uns über unsere Erfahrungen und Vorlieben austauschen.
Wir bieten im Salon einen sicheren Raum, so dass alle sich wohlfühlen und sowohl die Zeit als auch den Platz bekommen, um sich mit (ihrer) Sexualität auseinanderzusetzen.

Nebenbei habe ich den Sexclusivitäten-Laden, in dem alle möglichen Spielzeuge erworben werden können – eine schöne Art und Weise, das Sexperimentieren auszuweiten!

Sehr am Herzen liegt mir auch der feministische Filmpreis ›PorYes‹, der alle zwei Jahre in Berlin verliehen wird. Dabei geht es uns um einen positiven Zugang zur Sexualität, indem respektvolle Bilder gezeigt werden und eine positive Sprache gesprochen wird.
Wir hoffen, damit sex-positive und vor allem vielfältige Bilder ins öffentliche Bewusstsein zu bringen und dass sich dadurch sexuelle Sicht- und Verhaltensweisen verändern (können).

Besonders die jüngere Generation, die mit den Angeboten der Pornoindustrie im Internet aufgewachsen ist, interessiert sich für alternative Bilder, die nicht normiert und auf die eine oder andere Weise -istisch sind. Aber auch ältere Leute wollen sich inspirieren lassen.
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität ist an kein Alter oder Geschlecht gebunden. Deshalb heißt unsere Devise auch: ›Wissen macht sexy‹.«

Have a look at
www.sexclusivitäten.de
und
www.poryes.de 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Sex Slam!

27. September 2013, 20.00 Uhr,
Campus-Saal der Johann Wolfgang von Goethe-Universität in Frankfurt am Main


Poetry Slam ist die lebendigste Form der Literatur - die Autorinnen und Autoren tragen ihre Texte selbst vor und füllen sie auf der Bühne mit all der Emotion und Leidenschaft, die sie beim Schreiben hineingelegt haben.

Beim Sex Slam gilt das in gesteigerter Form, denn es geht ausschließlich um das Thema Sexualität - in all seinen Facetten.

Wir haben einige hervorragende SlammerInnen eingeladen, die uns, mitten in unserer Jubiläumsfachtagung und als Einleitung eines schönen Abends, knisternde Synapsen und gehobene Mundwinkel machen werden:

Bo Wimmer aus Marburg,
Wolf Hogekamp aus Berlin,
Jan-Philipp Zymny aus Dortmund,
Sabrina Schauer aus Hamburg.
Durch das Programm führt Poetry-Slam-Vizeweltmeister Sebastian23.
Die Veranstaltung ist für alle, die an der Fachtagung teilnehmen.
Wer nur den Slam besuchen will, kann auch kommen.

Es wird ein guter Abend werden...
Gott und die Welt und Sexualität.

Ein Gespräch mit zwei Christen.
Iris Köhlbach, bekennende Katholikin und Pädagogin, und Gerd Götz, Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Vallendar, haben sich - aus Anlass des Institutsjubiläums - einigen Fragen zum Thema »Sexualität und in der Kirche Christ sein« gestellt.

Herausgekommen ist ein ca. 12-minütiger Podcast - 12 Minuten ruhige, freundliche Reflexion über Sexualität als gute
Gabe Gottes.
Listen to the spirit…
Große Reise ins Feuer:

Sexuelle Menschenrechte und Islam
Seyran Ateş ist Berliner Rechtsanwältin türkisch-kurdischer Herkunft, war Mitglied der Deutschen Islamkonferenz, wurde mehrfach ausgezeichnet – u.a. 2005 als Frau des Jahres durch den Deutschen Staatsbürgerinnen-Verband und 2007 mit dem Bundesverdienstkreuz – und ist Autorin der Ullstein-Bücher »Der Multikulti-Irrtum« und »Der Islam braucht eine
sexuelle Revolution«.

Seyran Ateş ist Frauenrechtlerin und kämpft u.a. gegen das Kopftuch, gegen Zwangsheirat und Ehrenmorde. Aufgrund ihres Engagements wurde sie mehrfach, langzeitig bedroht und tätlich angegriffen, 2006 bei einem Attentat lebensgefährlich verletzt. Zeitweilig musste sie sich auf Grund dieser Bedrohungen aus der Öffentlichkeit zurückziehen.

Wir haben Frau Ateş um einen Beitrag gebeten, den sie gerne zusagte.
Jedoch gestattete ihr ihre Unterstützung der türkischen Proteste der letzten Zeit nur ein Kurzstatement zu vier Fragen.
Ihre Antworten sind nichtsdestoweniger klar und anregend, sich tiefergehend mit dem Zusammenhang von kultureller Differenz und (sexuellen) Menschenrechten zu beschäftigen. Das gelingt sehr gut durch die Lektüre von »Der Islam braucht eine sexuelle Revolution«. Autorin: Seyran (»Ausflug, Vergnügungsfahrt«) Ateş (»Feuer«).

Hier unsere vier Fragen mitsamt der Antworten:

»Der Islam braucht eine sexuelle Revolution« – Was heißt das genau?
Und: Wodurch könnte es zu solcher Revolution kommen?


Die islamische Welt ist geprägt von einer extremen Sexualisierung. Egal, ob es um Zwangsheirat, Ehrenmorde, Genitalverstümmelung, Kopftuch oder Polygamie geht. Motivation und Motor für diese Menschenrechtsverletzungen ist die Unterdrückung der weiblichen Sexualität, einhergehend mit der Überbewertung der männlichen Sexualität. Zudem führt eine religiös begründete rigide Sexualmoral zu einer permanenten Kontrolle durch das soziale Umfeld. Ferner ist in der islamischen Welt der Kampf um Säkularisierung noch nicht ausgestanden.

Mit der sexuellen Revolution im Westen hat sich unter anderem das individuelle sexuelle Selbstbestimmungsrecht durchgesetzt. Die Kirche wurde in ihre religiösen Schranken verwiesen und aus den Schlafzimmern vertrieben.

Wenn man sich das Leben der jungen Menschen in der islamischen Welt anschaut - vor allem derer, die modern leben wollen - stellt man fest, dass ihnen stets ein unmoralischer, westlicher Lebensstil als Vorwurf entgegen gehalten wird, sobald sie sexuelle Selbstbestimmung und individuelle Freiheiten fordern.

Der arabische Frühling und die Proteste in der Türkei stehen unter anderem für einen Wandel in der Gesellschaft. Auch für einen Wandel in der Sexualmoral. Um diesen Wandel zu realisieren, bedarf es offener Diskurse und klarer Worte. Dies geschieht zur Zeit in Form der Proteste und der sie begleitenden Veröffentlichungen in sämtlichen Medien.

Wie würden Sie »die sexuelle Lage« der türkischen Frauen beschreiben?

Die Lage der Menschen in der Türkei ist zum Teil vergleichbar mit den 50er Jahren in Deutschland. Eine strikte Geschlechtertrennung prägt das Verhältnis der Geschlechter zueinander und bestimmt sehr stark das Privat- und Arbeitsleben.

Welches Verhalten empfehlen Sie den um Kulturtoleranz bemühten Deutschen zum Thema Geschlechterverhältnis und Geschlechterrollen von islamisch geprägten Menschen in Deutschland?

Sie sollten sich die Frage stellen, warum sie meinen, dass die Menschenrechte nicht universell sind. Fühlen Menschen je nach Kultur und Religion anders? Sind die elementaren Bedürfnisse der Menschen tatsächlich derart anders? Nein.
Ich würde den Kulturrelativisten empfehlen, sich mehr in die Kulturen hinein zu begeben, deren veraltete Traditionen sie vermeintlich tolerieren.

Welche Wünsche haben Sie an diejenigen, die sich in Deutschland um »sexuelle Bildung« bemühen?

Es wäre schön, wenn es überhaupt genug sexuelle Bildung geben würde. Ich bin der Ansicht, dass es nach wie vor sehr vernachlässigt wird. Kinder und Jugendliche erfahren über Medien sehr viel mehr über Sexualität als in den Bildungseinrichtungen; und was sie da sehen und erfahren, ist nicht immer gut.
Noch ein paar Tage bis zum Jubiläum.
Mit 150 Teilnehmenden – und vielen
garantiert neugierigen ISPlern…


Dies nun ist der letzte Beitrag auf der »neugierig«-Sonderseite - ein Doppelbeitrag.
Das Institutskollegium freut sich auf den 27./28. September und seine Jubiläumsgäste.
Zum Schluss – oder/und zur Einstimmung auf die Frankfurter Fachtagung - die Frage an Männer und Frauen des ISP:
»Worauf bist du neugierig?«

Hier die Antworten Teil 1.
Und unbedingt Teil 2 lesen – den letzten Perlenpunkt (September III) der Punktelinie…



Anke Erath
Neugierig macht mich besonders, was für fachliche und gesellschaftliche Herausforderungen auf uns zu kommen.
Vor ca. 20 Jahren, als ich anfing, zum Thema »Kindliche Sexualität« zu arbeiten, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass das mal ein so vermintes Feld werden könnte. So sind Fachkräfte aus Kitas, die Räume für kindliche Entdeckungen bewusst eingerichtet haben und diese Entdeckungen dann vor allem geschehen lassen, heute schon als mutig und selbstbewusst einzuordnen.
Und das Themenfeld »Körper«: Wir haben in den 90ern unsere Körper so intensiv in den Fort- und Weiterbildungen einbezogen - und heute müssen wir ab und zu schon körperliche Warming Ups fachlich begründen!
Statt einer selbstverständlichen Einbeziehung des Körpers in der sexualpädagogischen Arbeit klären wir zum Teil fassungslose Fachkräfte über die Spektren der Körpermodifikationen auf…
Mal schauen, ob es uns im ISP und in der Fachwelt insgesamt gelingt, Selbstverständliches und zur Sexualpädagogik Zugehöriges wie den Körper wieder an seinen wichtigen Platz zu rücken.
Das wird auch für andere Themen gelten. 
 




Kai Müller
Ich bin NEU im Institut und mächtig froh darüber. Und ich bin GIERIG.
Auf viele Erfahrungen und Begegnungen, darauf, zu lernen und mein erworbenes Wissen weiterzugeben.
Ich möchte über Sexualität ins Gespräch kommen und mir wichtige Themen zu Wort kommen lassen.
Die Psychologie spricht im Zusammenhang mit dem Begriff Neugierde von vier dieselbe bestimmenden Faktoren: Neuartigkeit, Komplexität, Ungewissheit und Konflikt. Alle diese Faktoren kommen mehr oder weniger zum Tragen,
wenn man das Verhältnis der Institutionen KIRCHE und ISP zueinander betrachten möchte.
Ich bin neugierig darauf, ob - und, wenn ja, wie - sich in den nächsten Jahren ein Dialog ergibt bzw. vertieft. Wer geht auf wen zu? Welche Themen müssen besprochen werden? Wo gibt es Klarheit und wo noch Klärungsbedarf?
Sicherlich erfordert ein Dialog zwischen den Institutionen aber zunächst auch eine nach innen gerichtete Auseinandersetzung mit Zielen und Inhalten. Das wird spannend!
Und, wenn man nicht über die Institutionen und ihre Protagonist_innen spricht, dann braucht es eine weiterführende und intensive Begegnung von SPIRITUALITÄT und SEXUALITÄT.
»Soviel du brauchst...« war das Motto des diesjährigen Deutschen Evangelischen Kirchentags in Hamburg.
Ob damit wohl auch Sexualität und das ISP gemeint waren?
Und ob wir uns als ISP diesem Motto anschließen können - und damit Spiritualität und Kirche meinen?
In 25 Jahren wissen wir mehr. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen. 
 
 
 
 
 
 




Renate Semper


Zwei sich unterschiedlich anfühlende Arten von Neugier kommen wir in den Sinn: Wenn ich mich beobachte, wann Neugier bei mir auftaucht, dann fällt mir als erstes eine sich leicht und beschwingt anfühlende Neugier ein, wann immer ich eine neue Weiterbildungsgruppe kennen lerne: Wen lerne ich kennen? Mit wem und wie arbeiten die? Was haben die für Erfahrungen und Ideen?
Diese Art Neugier taucht am Ende der länger dauernder Weiterbildungen noch einmal auf, es wird dann ähnlich kribbelig-spannend wie am Anfang: Welche neuen Zugänge haben die Teilnehmenden in ihren Praxisprojekten gefunden? Sie brauchen ja das Rad nicht immer neu zu erfinden, aber: Können wir diesmal wieder ein paar Schätze heben?
Diese Art von Neugier kenne ich als kindliche Neugier - gespannt, aufgeregt, entdeckungsfreudig und entdeckungsgewiss.

Bei der zweiten Art von Neugier schwankt die Stimmung zwischen Forschergeist und Kulturpessimismus. Hier lautet die Überschrift: »Gelingt das denn, was wir wollen und ›predigen‹?«
So geht’s mir zum Beispiel mit dem Thema »Inklusion«: Wie kann es uns gelingen, Inklusion im ISP zu leben - in der personellen Zusammenarbeit, bei der Erstellung von Materialien, in der Konstruktion von Projekten.
Dazu habe ich wechselnde Gefühle und schwankende Einschätzungen; im Hintergrund höre ich die kritische Stimme: »Na,
da bin ich aber mal gespannt, ob ihr das wohl gut schafft…«.
Glücklicherweise begegnen mir dann Kolleginnen und Kollegen, plötzlich tun sich neue Sichtweisen auf - und machen mir wieder Lust, weiter auf die Suche zu gehen.
 
 
 

 




Cinzia Cappelletti
Neugierig… Im indianischen Medizinrad ist die Neugierde im Süden zu finden, beim Kind und im Element Wasser.
Die Neugierde hat für mich mit dem Spielen zu tun - und das Spielen ist ein wichtiger Aspekt der Sexualität: Neugierde auf jeden Zentimeter Haut, Neugierde, alles wahrzunehmen, wenn wir die üblichen Muster loslassen und uns auf den Weg zum Anderen machen.
Ich bin neugierig, zu sehen, wie sich die Neugierde der Kinder und Jugendlichen entfaltet, ihre Offenheit, ihre Lust, zu wissen und zu erfahren.
Ich bin auch neugierig zu erfahren, wie sich die Sexualität im Alter anfühlt - jenseits von katastrophalen oder idealisierten Erwartungen. 
 
 
 
 
 

 




Jörg Nitschke
Richtig spannend finde ich die Perspektiven der Internationalisierung der Sexualpädagogik. Weltweit entstehen riesige Bedarfe durch die Aufgabe restriktiver Haltungen einer »Aufklärung« der eigenen Bevölkerung gegenüber. Zwar gibt es schon länger in der Entwicklungszusammenarbeit verortete Themen wie z.B. HIV-Prävention, diese werden aber oft abgekoppelt von den Lebenswelten der Adressat_innen behandelt und sind dadurch weniger wirksam. Deshalb fordern erste Organisationen der Entwicklungshilfe, Präventionsthemen nicht singulär zu vermitteln, sondern in größeren Zusammenhängen von Sexualität, Gesundheit und Familienplanung zu setzen. Hier werden zukünftig Fort- und Weiterbildungsbedarfe von zu entsendenden Entwicklungshelfer_innen entstehen. Europäische Staaten sollten mit ihren progressiven sexualpädagogischen Konzeptionen eine wichtige Rolle dabei einnehmen. Werden dadurch auch neue Aufgaben im Institut entstehen, z.B. durch die Ausbildung nationaler Kräfte zur Vorbereitung auf den Auslandseinsatz oder die Entsendung einer/eines Kolleg_in aus dem Institut zur Beratung? The ISP goes Hangzhou? Wahrscheinlich wäre ich neugierig! 
 
 
 
 
 
 

 




Lucyna Wronska
Ich bin als Migrantin sehr neugierig darauf, wann sich mein Herkunftsland Polen für sexuelle Bildungsinitiativen erschließen lässt, wann ich und mein Institut auch in Tschechien und Ungarn wirken können; mag sein, dass ich bis jetzt zu ungeduldig agiert habe und mir ein anderes Tempo und und neue Strategien zulegen muss… Mein sexualpädagogischer Traum ist eine sexualpädagogische Ausbildung im Dreieck Polen, Tschechien und Deutschland.

Neugierig bin ich in meiner Wahlheimat Deutschland darauf, wie wir es schaffen, gegen den Rollback im sexualpolitischen Klima anzugehen.
Gelingt es uns, das Thema »Sexuelle Grenzverletzung« auch weiterhin im Kontext des strukturell widersprüchlichen Nähe und Distanz-Verhältnisses zu behandeln? Spannend ist es für mich auch, wie die fruchtbare, aber auf halben Wege abgebrochene Diskussion um Beschneidung bei Jungen, um Männerhäuser weitergeführt werden, um die auch verletzbaren und manchmal so abgewerteten - weil simplifizierten - Sexualitäten von männlichen Menschen. Und - welche Rolle wir als ISP dabei spielen.

Und weiter: Wann werde ich von mir vermisste Menschen vielfältiger Herkünfte unter uns Sexualpädagog_innen deutlicher hören, sehen, lesen? 
Wie werden ich und die anderen Sexualpädagog_innen nicht deutscher Herkunft - und doch mit Deutschland identifiziert - sich präsenter zeigen in der Diskussion um die Stellung der Frau im Islam, im Judentum - um die Gleichberechtigung der Geschlechter und sexueller Orientierungen in allen Gesellschaften anzustreben (ohne uns vojeuristisch einzumischen)?

Ich werde engagiert bleiben in der transkulturellen Sexualpädagogik, die Kinder und Jugendliche bei der Bildung eigenkulturellen Selbstbewusstseins begleitet - und werde prüfen, wann und wo wir immer noch interkulturelle Sexualpädagogik brauchen.

Ich bin unruhig neugierig, ob wir sensibel bleiben, uns einzumischen, wenn Menschen mit Migrationshintergründen auf ihre Nationalität, ihre Ethnie festgezurrt werden, um eine manchmal penetrante und unreflektierte exotische Neugier zu bedienen. 
Ich bin sehr neugierig darauf, wie uns eine hilfreiche und stützende Begleitung von Menschen gelingt, die unter Multiminderheitsfestlegung leiden:
Wie kann ich einem Jugendlichen beistehen, der aus Polen eingewandert ist, mit seiner intellektuellen Beeinträchtigung versucht, die Fremde zu erschließen und spürt, dass er Männer liebt?
Wie kann ich die verkümmernden Liebeslandschaften von jungen Erwachsenen benennbar und zugänglicher machen, die in ihrer Schüchternheit und ihrem Mangel an sozialen Kompetenzen mit Mitte zwanzig noch nie einen Versuch unternommen haben, eine menschliche Hand zu liebkosen, geschweige denn anderweitige Zärtlichkeiten auszutauschen?
Und das unabhängig vom Herkunftsland - eben transkulturell.
 
 
 

 
 
 
 
 
 
 

 




Neugierige ISPler 2


»Worauf bist du neugierig?« war die Frage an die Institutsdozierenden im vorhergegangenen Septemberbeitrag.
Hier sind nun die letzten Antworten auf die Frage.

See you in Frankfurt soon!



Reiner Waniliek
1989 – der erste Durchgang Weiterbildung Sexualpädagogik des ISP.
Ich war Teilnehmer und angemessen aufgeregt. Die Leitung sicherlich auch. Und ich war neugierig.
Was machen die da wohl, worum geht es?
Was sind das für Menschen und wie kommen wir in Kontakt?
Meine Eindrücke und meine Erfahrungen mit dem Institut als Teilnehmer haben mich neugieriger gemacht. Auf die Vermittlung von Wissen in Weiterbildungskontexten, auf die Möglichkeiten von persönlichem Wachstum aller Beteiligten,
der Lernenden und der Lehrenden.

Seit 16 Jahren leite ich nun selbst zahlreiche Weiterbildungsgänge in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Bin so vielen tollen Menschen begegnet, habe so viel diskutiert, gestritten, gelacht und auch gezweifelt. Was ist die Essenz von sexualpädagogischer Weiterbildung, worum geht es im Kern - neben all dem Zeitgeistlichen, den aktuell auftauchenden Fragen?
Darauf bin ich immer noch und immer mehr neugierig - im Gespräch mit Kolleg_innen, mit Teilnehmenden und Freunden.

Mich macht neugierig, wohin sich Weiterbildung als sexuelle Bildung bewegt. Mit welcher Tiefe und gleichzeitig mit welchem Abstand wir Begegnungen und Berührungen in sexualpädagogischer Arbeit ermöglichen.
Mich macht immer noch neugierig, wie es gelingen kann, Nähe und Distanz bei sexuellen Themen für und zwischen den Menschen gut zu balancieren - so gut, dass die Menschen gestärkt und zuversichtlich sind.

2013 – immer noch ist es aufregend, im ISP als Dozent zu arbeiten, mit immer neuen Kolleg_innen um die zentralen Fragen von Didaktik und Methodik in Weiterbildungssettings zu ringen. Und immer wieder zu erleben, was andere für reiche Schätze in sich tragen.

Ich bleibe neugierig auf die Menschen im Institut und auf die zahlreichen Männer und Frauen, denen ich als Leiter von Fortbildungen begegnen darf.



Martin Gnielka
Darf man als Erwachsener eigentlich noch neugierig sein? Vielleicht nicht doch lieber (nur) interessiert?
Mit Neugier verbinde ich eine Qualität kindlichen Verhaltens, über die ich im Zusammenhang mit kindlicher Sexualentwicklung gerne referiere und richtig begeistert bin. Wahrscheinlich, weil man als Kind noch so sein darf - neu-gierig. Also naiv-frech, ungestüm, voller Wissensdurst und Tatendrang. Frei von Erwachsenen-Moral - einfach lustvoll. Es geht ja um das Entdecken von Sexualität als Lebensenergie. ENERGIE!

Ich mag Neugier und ich bin überzeugt, dass man sich als Erwachsener etwas von diesem Feuer erhalten haben muss, wenn man sexualpädagogisch arbeitet. Zumindest muss man von der guten Kraft dieses Feuers überzeugt sein. Sexualpädagogik ohne das Spürbarmachen dieser Energie ist kalt und langweilig.

In den aktuellen Diskussionen zu kindlicher und jugendlicher Sexualität erscheint Neugier oft als Gefahr. Etwas, was einzudämmen und besser zu regulieren sei.
Ich verstehe das nur teilweise und ärgere mich ziemlich darüber. Deshalb bin ich sehr neugierig darauf, wie viel Platz der Neugier in der sexuellen Entwicklung zukünftig noch zugestanden wird. Hoffentlich haben wir dabei ein Wörtchen mitzureden! Ich bin gespannt auf die Diskussionen auf unserer Fachtagung, besonders der zu kindlicher Sexualität.
Wo Feuer ist, wird Rauch entstehen. Ein Zeichen, vielleicht?



Gudrun Jeschonnek
Wann entdeckt das Mäzenatentum unsere Branche, damit wir z.B. kostenlose Teilnahme an unseren Weiterbildungen ermöglichen und/oder einen Preis für innovative sexualpädagogische Projekte und Methoden ausloben könnten?

Uns gibt es ein Vierteljahrhundert, wir sind einmalig und außergewöhnlich - wann dreht endlich mal jemand einen Film über das ISP?

Immer wieder hören wir von Kommunikationsdefiziten bei Ärzten, Psychologen und Theologen (auch bei ihren Kolleginnen) zu Sexualität; wieso nutzen sie unsere Angebote nicht?

Jetzt sind bereits 28% der Bevölkerung über 60 Jahre alt, in 10 Jahren ein Drittel. Merkwürdig: Derzeit werden wir (noch?) nicht überhäuft mit Anfragen zu »Sexualität und Alter«. Woran mag es liegen?



Dirk Simon


Ohne eine gewisse Neugier kann man und kann frau die Vielfalt der Welt nicht erkunden. Entdeckungen, Erlebnisse und Bildung würden ausbleiben; das wäre fad.
Neugierde und Begierde sind nicht nur wortverwandt, liegen nah beieinander, sondern sind Energiespender und Antriebsmotoren für ein Weiterkommen - auch in der sexuellen Bildung.
Sexuelle Bildung ist auch: Staunen können über Neues, manchmal erschrocken sein und der Verlockung widerstehen können...
Im oft unüberschaubaren Meer der Möglichkeiten und Meinungen zur Sexualität braucht es Orientierungsbojen - die bieten wir auf unserer Jubiläumstagung in Frankfurt.
Ich bin neugierig auf vielfältige Meinungen, tausend Anregungen und ein gutes Miteinander – bei der Tagung und darüber hinaus.



Michael Hummert
So wie die Sexualität selbst, so vollzieht sich Sexualpädagogik zum einen in mir selbst. Manchmal reicht das, manchmal vollzieht sie sich auch in der Begegnung mit anderen Menschen.
Im Wechselspiel daraus kann Erstaunliches gelingen – auch in der Sexualpädagogik. Und darauf bin ich neugierig wie ein 5jähriger an Weihnachten. Ich bin sehr gespannt auf die vielen Menschen mit ihren großen und kleinen Geschichten, auf die kleinen Begegnungen, die kleinen Anregungen, die (hoffentlich) freundlichen Kritikpunkte und darauf, was sie in mir auslösen. Der Hunger nach diesen neuen Erfahrungen macht die Lust auf unseren Jubiläumsfachtag aus – und auf alle von uns veranstalteten Bildungsangebote in der Zukunft.

Gleichzeitig bin ich neugierig auf die großen und kleinen Strömungen der Sexualpädagogik: Was treibt sie um im hohen Norden, in Leipzig, in Oberösterreich? Ich bin neugierig, wo die noch junge Sexualpädagogik nach 25 Jahren ISP steht,
wo ihr Herz schlägt, was sie in die Hand nimmt, was ihr durch den Kopf geht…
Kurz: Ich bin neugierig auf »neugierig«!



Doris Eberhardt
Mein Herz schlägt für die Sexualpädagogik. Ich bin fasziniert von der Vielfältigkeit an Themen, die sich darin entfalten lassen.
Den Regenbogen der Sexualitäten immer bunter werden zu lassen – nicht nur die offensichtlichen Farben zu sehen, sondern auch die, die neu gemischt und entdeckt werden können, das immer wieder neue Entdecken, Erforschen, sich Vertraut machen und Verstehen wollen treibt mich in meinem sexualpädagogischen Handeln voran.

Ich bin neugierig darauf, wie sich Vielfalt sichtbar und erfahrbar machen lässt – nicht nur kognitiv, sondern mit allen Sinnen; sowohl für die Teilnehmenden von Weiterbildungen als auch in der Weiterentwicklung des ISP, sowie im alltäglichen pädagogischen Handeln – diskret, bescheiden, intimitätswahrend und gleichzeitig neugierig, kraftvoll und liebevoll provokant kitzelnd. Eine gelungene Mischung zu finden, die die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit anspricht und einlädt, ist dabei immer wieder eine spannende Herausforderung.

Eine Frage, die ich mir z. B. häufig stelle, ist: Wird es dank des Internets irgendwann einen Moment geben, an dem alle Menschen einen Begriff für ihr sexuelles Begehren gefunden haben und sich angenommen fühlen (dass die sexuellen Rechte dabei Grundlage sind, ist für mich natürlich selbstverständlich)? Wenn auch sehr unwahrscheinlich - ich fänd´s wunderbar!



Impressum
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Huckarder Str. 12
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Fon: 0049 - (0)231 - 14 44 22
Fax: 0049 - (0)231 - 16 11 10
Email: info@isp-dortmund.de
Vertretungsberechtigter:
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Der Verein wird unter der Nr. 3762 beim Vereinsregister des Amtsgerichts Dortmund geführt.

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